die Gemeinde Walzbachtal führt aktuell die Öffentlichkeitsbeteiligung zur 4. Runde des Lärmaktionsplans durch. Alle Informationen zur Beteiligung findet Ihr hier auf der Homepage der Gemeinde.
Als Bürgerinitiative Pro Jöhlingen e. V. begrüßen wir es sehr, dass sich die Gemeinde Walzbachtal um das Thema Lärmbelastung kümmert - für ein lebenswertes Umfeld hier bei uns für alle.
Als Bürgerinitiative Pro Jöhlingen e.V. haben wir dazu bereits fristgerecht eine Stellungnahme eingereicht. Darin fordern wir u. a., dass das Attental als „ruhiges Gebiet“ ausgewiesen und dauerhaft vor zusätzlicher Lärmbelastung – insbesondere durch die geplante Ortsumgehung B 293 – geschützt wird. Im Lärmaktionsplan wird nämlich ausgeführt, dass “ruhige Gebiete” zu schützen sind.
📍 Der Lärmaktionsplan hat zwar keine direkte Rückwirkung auf das laufende Planfeststellungsverfahren der Ortsumgehung,
✅ aber er ist ein bindendes Planungsinstrument für die Gemeinde selbst,
⚖️ und entfaltet rechtlich wie politisch Wirkung in allen Folgeentscheidungen und Beteiligungsverfahren.
Ein klarer Widerspruch zwischen der geplanten Trasse und dem gemeindlichen Lärmschutzplan kann zur Nachsteuerung zwingen – und ist ein wichtiges Signal auch in der Öffentlichkeit.
Hier unsere Stellungnahme, die wir an Modus Consult und den Bürgermeister geschickt haben:
Sehr geehrte Damen und Herren, im Namen der Bürgerinitiative Pro Jöhlingen e.V. nehmen wir hiermit fristgerecht Stellung zum Zwischenbericht des Lärmaktionsplans Walzbachtal – 4. Runde.
1. Allgemeine Einschätzung – Zielkonflikt mit OU B 293 Jöhlingen
Im Zwischenbericht wird betont, dass der Lärmaktionsplan das Ziel verfolgt, „gesundheitskritische Belastungen zu senken und ruhige Gebiete zu bewahren“. Dieses Ziel wird durch die geplante Ortsumgehung B 293 Jöhlingen massiv konterkariert, insbesondere im Bereich des Attentals – welches heute die Funktion eines „ruhigen Wohngebiet“ mit unmittelbar angrenzendem Landschaftsschutzgebiet mit Naherholungscharakter erfüllt
Der Bau einer neuen, durchgehend befahrenen, Bundesstraße, ohne Tempolimit, mit prognostizierten Verkehrsbelastungen von 21.000 Kfz/Tag und einem signifikanten Lkw-Anteil (10,8 %) in Form einer Ortsumgehung direkt durch ein bislang lärmarmes Landschaftsschutzgebiet, in unmittelbarer Nähe zur angrenzenden Wohnbebauung, widerspricht den Leitlinien des Lärmaktionsplans – sowohl hinsichtlich Vorsorge als auch hinsichtlich der Erhaltung von Erholungsfunktionen. Auf diese Tatsache gehen Sie in Ihrem Zwischenbericht überhaupt nicht ein.
2. Widerspruch zu § 47d Abs. 1 BImSchG – keine Beeinträchtigung ruhiger Gebiete zulässig
Gemäß § 47d Abs. 1 BImSchG und der Umweltlärmrichtlinie (2002/49/EG) sollen nicht nur bestehende Belastungen reduziert, sondern auch „ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms geschützt werden“. Das Attental ist ein weitgehend siedlungsfreier, von Streuobstwiesen geprägter Außenbereich mit Naherholungsnutzung. Der geplante Verlauf der OU Jöhlingen durch dieses Gebiet ist mit dieser Vorgabe nicht vereinbar. Der Zwischenbericht nennt selbst die Bewahrung ruhiger Gebiete als zentrales Ziel, unterlässt es jedoch, die massive Zerschneidung und Lärmbelastung durch das geplante Straßenbauvorhaben als konfliktbehaftetes Vorhaben zu benennen. Eine solche Auslassung ist mit dem Zweck des Lärmaktionsplans nicht vereinbar.
3. Konkrete Schallbelastungen – Attental verliert seine Funktion als Ruhezone
Die schalltechnische Untersuchung der OU B 293, die Ihnen ja bestens bekannt sein sollte, da sie ebenfalls in Ihrem Haus erstellt wurde, weist im Attental – selbst bei nur modellhafter Betrachtung, die mit den Gegebenheiten vor Ort nicht in Einklang zu bringen sind, tagsüber Beurteilungspegel von bis zu 64 dB(A)(Tag) und 57 dB(A) (Nacht) aus. Die im Zuge des Bauvorhabens ausgewiesenen Lärm- Werte liegen überwiegend im oberen Grenzwertbereich des BImSchG und überschreiten diese in einzelnen Lagen deutlich, wobei die zulässigen Grenzwerte nach BImSchG deutliche oberhalb der empfohlenen Richtwerte der WHO liegen, die die zulässigen Lärm-Grenzwerte nach dem BImSchG als gesundheitsgefährdend und krankmachend einstuft. Auch das übrige Attental (als Landschaftsraum) wäre gemäß Berechnungen hier deutlich stärker durch Lärm belastet, obwohl Erholung, Landwirtschaft und Natur dort gleichermaßen ebenso schutzbedürftig sind. Der geplante Straßendamm, Brückenbauwerke und Einschnittsführungen verursachen nicht nur punktuelle, sondern flächenhafte Lärmzunahmen, die sich über das gesamte Tal erstrecken. Insbesondere die Aufständerung der Trasse in einer Höhe von 10 Metern, über eine Länge von über 100 Metern ohne Schallschutzwände, führt bei den ausgeprägten Westwindlagen zu einer Verlärmung des gesamten Orts. Eine solcher Eingriff ist irreversibel und widerspricht der Zielsetzung des Lärmaktionsplans, dass Maßnahmen mit einer „dauerhaften Zunahme“ des Lärms zu vermeiden sind.
4. Fehlende Einbeziehung von Konflikten mit der Bundesplanung
Im Lärmaktionsplan fehlen jegliche Hinweise auf Zielkonflikte mit Bundes- oder Landesplanungen. Die Lärmbeeinträchtigungen der geplanten OU B293 Jöhlingen werden in dem Zwischenbericht völlig ausgeklammert und somit auch nicht in die strategische Lärmbewertung miteinbezogen. Dies stellt einen erheblichen Mangel des Berichtes dar und lässt an der fachlichen Angemessenheit und Relevanz erhebliche Zweifel aufkommen.
Die Planung der OU B293 Jöhlingen verfehlt in der aktuellen Ausprägung ihre planerischen Zielsetzungen und dies insbesondere im Bereich des Lärmschutzes. Bestehende Probleme im Bereich der Orts-durchfahrt werden durch die Planung lediglich an den Ortsrand (Attental) verlagert. Dabei stehen vernachlässigbare Entlastungen innerorts deutliche Mehrbelastungen am Ortsrand gegenüber. Dies gilt sowohl hinsichtlich der ausgewiesenen Pegelwerte als auch im Vergleich der Anzahl der betroffenen Liegenschaften. Insbesondere in den schutzwürdigen Nachtstunden nimmt die Lärmbelastung im Attental durch die geplante OU B293 zu.
Die schalltechnischen Untersuchungen haben erkennbar lediglich den Nachweis der zulässigen Immissionsgrenzwerte zum Ziel, Lärmminderungsmaßnahmen wurden keine untersucht. Die Erforderlichkeit der OU B293 JÖ wurde u. a. mit der hohen Lärmbelastung in der Ortsdurchfahrt (OD) begründet, die Lösung aber nur in der Neubaumaßnahme einer Ortsumgehung gesucht.
Ortsumgehungen umgehen lediglich das Problem Sie lösen es nicht, sondern verlagern es nur. Bewertungsergebnisse des BMVBW zeigen, dass 60 % der bewerteten OU-Projekte zur Ortsentlastung nicht oder nur gering beitragen. (Quelle BUND zum BVWP 2003)
Die mit der Ortsumgehung angestrebte Lärmminderung durch Minderung des Verkehrs in der OD wird deutlich überschätzt. Halbiert sich die Verkehrsstärke, dann führt dies lediglich zu einer Schalldruckpegelerniedrigung um 3. dB(A); (siehe www.leiserstrassenverkehrbayern.de/laerm)
Da ausweislich der Verkehrsprognose das Verkehrsaufkommen in der OD Jöhlingen/B293 alt im Prognosefall lediglich von ca. 16 tsd. Fahrzeugen pro Tag auf ca. 12.000 Fahrzeuge pro Tag abnimmt, ist die ausgewiesene Pegelminderung im Prognosefall von bis zu -5-/ -8 dB(A) tags/nachts gegenüber dem Prognose-Nullfall (s. Schallgutachten Planunterlage 17.1) kaum nachvollziehbar.
Möglichkeiten der Lärmminderung z.B. durch einen neuen Fahrbahn-Belag wurden nicht geprüft. Die akustischen Besonderheiten der unterschiedlichen Fahrbahnoberflächen sind als Korrektur DStrO in den RLS-90 ausgewiesen. Ein moderner geräuschmindernder Straßenbelag kann um bis zu acht dB(A) leiser, als der Referenz-Belag sein (s. UBA, Straßenverkehrslärm).
5. Umwelt- und Klimarelevanz des Attentals
Wie bereits in unserer Einwendung vom 28.09.2021 zum Planfeststellungsverfahren dargelegt, erfüllt das Attental neben seiner Erholungsfunktion auch wichtige ökologische Funktionen, darunter: • Kaltluftleitbahnen und Frischluftversorgung für Jöhlingen • Habitatverbund über Streuobstbestände • Bedeutung für Hochwasser- und Grundwasserschutz Eine Zerschneidung durch eine lärmintensive Trasse untergräbt diese Funktionen zusätzlich – auch das wäre im Rahmen der Lärmaktionsplanung zwingend zu berücksichtigen.
Zusammenfassend noch einmal unserer Einwände zum vorliegenden Lärmaktionsplan:
- Der Lärmaktionsplan ignoriert die erheblichen künftigen Belastungen durch die geplante OU B 293 Jöhlingen.
- Die Zielsetzung „ruhige Gebiete zu bewahren“ wird im Fall durch die parallele Planung der OU B 293 für das Attental klar verletzt und findet in Ihrem Bericht keine Erwähnung.
- Die strategische Abstimmung zwischen Bundesplanung und kommunaler Lärmvorsorge fehlt.
- Das Attental ist als ruhiges Gebiet einzustufen und muss im Lärmaktionsplan ausdrücklich als solches kartiert und geschützt werden.
- Wir fordern eine Nachbesserung des Lärmaktionsplans mit expliziter Berücksichtigung und Ausweisung des Attentals als „ruhiges Gebiet“ gemäß § 47d Abs. 1 BImSchG.
Wir bitten um schriftliche Bestätigung der Aufnahme und Berücksichtigung unserer Einwendungen in den weiteren Bearbeitungsprozess.
Mit freundlichen Grüßen